Nimm Trump beim Wort
Er meint es ernst. Und er könnte auch in anderen Bereichen das scheinbar Unvorstellbare tun.
Donald Trump ist vermutlich der Mensch auf der Welt, über den derzeit am meisten geschrieben wird. Fast alles, was über ihn gesagt wird, ist auf deprimierende Weise flüchtig; ein Großteil davon besteht schlicht darin, mit kunstvoller Sprache die Missbilligung des Autors auszudrücken. Würde man versuchen, sich durch alles zu lesen, was einige der führenden Zeitungen und Magazine über Trump veröffentlicht haben, käme einem ihr Gesamtwerk fast wie eine Bestätigung jener – sonst eher wenig überzeugenden – philosophischen Richtung des Emotivismus vor. Laut dieser Theorie bedeuten moralische Aussagen wie „Mord ist falsch“ letztlich nichts anderes als ein emotionales „Buh, Mord“.
Diese Erkenntnis bringt mich in einen gewissen Zwiespalt, wie ich auf diesen politischen Moment reagieren soll. Ich habe im Laufe der Jahre Dutzende, wenn nicht Hunderte Artikel verfasst, voll mit kunstvoller Sprache, die sich im Kern immer wieder auf dieselbe feste Überzeugung zurückführen ließen: „Buh, Trump“ – und das völlig zu Recht. Und so überzeugt ich heute von diesem Schluss bin wie im Frühling 2017 – und so sehr es nach wie vor wahrscheinlich ist, dass Ausführungen in diese Richtung auch heute wieder auf den meistgelesenen Listen der großen Publikationen landen – so sehr ist mir auch bewusst, dass diese Texte offenbar niemanden überzeugt haben, der nicht ohnehin schon derselben Meinung war. In den meisten Fällen fehlt mir schlicht die Motivation, noch einen weiteren Beitrag zu diesem allzu vertrauten Genre zu leisten.
Inmitten dieses Meeres flüchtiger Kommentare gibt es einen Artikel, der auf überraschende Weise hervorsticht. Bereits 2016 schrieb Salena Zito, eine konservative Autorin und treue Berichterstatterin Trumps – sie stand in Folge nur wenige Meter von ihm entfernt, als in Butler, Pennsylvania, ein Attentäter versuchte, ihn zu erschießen – dass „die Presse ihn zwar wörtlich, aber nicht ernst nimmt; seine Anhänger ihn ernst, aber nicht wörtlich“. Diese Aussage verbreitete sich rasend schnell, wurde zu einem festen Bestandteil vieler Trump-Deutungen – und besitzt bis heute eine gewisse Plausibilität.
Man denke etwa an Trumps oft wiederholtes Versprechen während seines ersten Präsidentschaftswahlkampfs, eine Mauer an der Südgrenze zu bauen – und Mexiko dafür bezahlen zu lassen. Schlussendlich gelang es ihm nicht, eine Mauer entlang der gesamten Grenze zu errichten. Mexiko weigerte sich standhaft, für ein solches Projekt auch nur einen Cent zu zahlen. Im wörtlichen Sinne hat sich dieses Versprechen also nicht erfüllt. Doch die Zahl der Grenzübertritte war während Trumps erster Amtszeit tatsächlich deutlich niedriger als unter Joe Biden. Und Trump hat – ob man das nun gutheißt oder nicht – tatsächlich Zölle und diplomatischen Druck eingesetzt, um Mexiko zu spürbaren Zugeständnissen zu bewegen. Man kann also durchaus argumentieren, dass diejenigen Unterstützer, die Trumps Versprechen ernst, aber nicht wörtlich genommen haben, einen gewissen Grund zur Zufriedenheit haben.
Es ist auch verführerisch, Zitos Ansatz auf Trumps jüngste Aussagen anzuwenden – viele davon noch absurder als die Versprechen seiner früheren Kampagnen. In letzter Zeit spricht der Ex-Präsident gern davon, Justin Trudeau sei der „Gouverneur von Kanada“ – was nahelegt, dass seine Nachbarn im Norden bald zum 51. Bundesstaat werden könnten. Er hat wiederholt angedeutet, er könne für eine dritte Amtszeit kandidieren, als ob die Amtszeitbegrenzung des 22. Verfassungszusatzes nicht für ihn gelte. Und immer wieder schlägt er vor, die USA sollten sich Grönland aneignen – notfalls auch militärisch.
Zito zufolge ist klar, dass ein Ziel solcher Aussagen darin besteht, Trumps politische Gegner zu provozieren. Seit Beginn seines Aufstiegs hat er davon gelebt, halbironisch Dinge zu sagen, die von den unbeliebtesten Mitgliedern des Establishments todernst verurteilt wurden; auf deren hochtrabendes „Buh“ konnte er dann verweisen als Beweis dafür, dass er – trotz aller eigenen Mängel – wohl irgendetwas richtig gemacht haben müsse, wenn er sich die humorlose Missbilligung dieser Leute zuzieht, die die Wähler am meisten verachten. Wenn man alles, was Trump sagt, wörtlich nimmt, tappt man tatsächlich genau in diese Falle.
Doch die Ereignisse der vergangenen Woche zeigen, dass es ein ebenso großer Fehler ist, Trumps absurdeste Aussagen als bloßes Trolling abzutun. Der wichtigste Unterschied zwischen 2016 und heute besteht darin, dass Trump mit einem deutlich loyaleren Stab und einer viel stärkeren Entschlossenheit ins Weiße Haus zurückgekehrt ist, seine Pläne tatsächlich umzusetzen. Ob in der Außenpolitik oder bei der Durchsetzung von Einwanderungsgesetzen – das hat in zahlreichen Bereichen zu wesentlich radikaleren Maßnahmen geführt als zu Beginn seiner ersten Amtszeit.
In den vergangenen Monaten hat sich so manches, was zunächst wie heiße Luft klang, als bitterer Ernst gezeigt.
Man nehme etwa das „Department of Government Efficiency“. Als Trump die Gründung von DOGE verkündete, sagten viele Kommentatoren fälschlicherweise voraus, dass es sich dabei nur um einen cleveren Trick handele, um Elon Musk loszuwerden; wie ein viraler Beitrag in den sozialen Medien behauptete: „Wenn man das Kleingedruckte liest, sind diese neuen DOGE-Leute glorifizierte Berater. Das ist ein Riesen-Nichts.“ Die Wahrheit sieht inzwischen ganz anders aus. Musk hat DOGE genutzt, um massive Einschnitte in der gesamten Regierung durchzusetzen, Tausende von Bundesbeamten zu entlassen und große Behörden wie USAID, die Entwicklungsbehörde, die weltweit Projekte zur Förderung von Demokratie, wirtschaftlicher Entwicklung, Gesundheit und humanitärer Hilfe fördert, faktisch zu schließen.
Ähnlich verhält es sich mit Trumps Versprechen, gegen Universitäten wegen radikaler Campus-Aktivismen vorzugehen. Als die Regierung zunächst ankündigte, Exekutivbefugnisse einzusetzen, um Universitäten zur Bestrafung von Studierenden bei Regelverstößen zu zwingen – etwa bei der Besetzung von Gebäuden oder der Einschüchterung jüdischer Kommilitonen –, schien es naheliegend, dass das (inzwischen aufgelöste) Bildungsministerium mit entsprechenden Ermittlungen beauftragt werden würde. Stattdessen kappte die Regierung abrupt milliardenschwere Fördermittel für ins Visier geratene Universitäten und begann, ausländische Studierende auszuweisen – ohne sich die Mühe zu machen, illegales Verhalten nachzuweisen. Der Angriff der Regierung auf die Meinungsfreiheit auf dem Campus geht weit über das hinaus, was jemand erwartet hätte, der ihre Aussagen ernst, aber nicht wörtlich genommen hat.
Selbst Trumps wiederholte Ankündigungen, seine Freunde zu belohnen und seine Feinde zu bestrafen, haben sich als substanzreicher erwiesen, als viele gedacht hätten. Während seiner ersten Amtszeit blieb es bei den Wahlkampf-Parolen wie „Sperrt sie ein!“ meist bei leeren Worten. Diesmal hat er bereits alle verurteilt Begnadigten aus dem Zusammenhang des Angriffs auf das Kapitol vom 6. Januar freigesprochen; dem Secret Service wurde die Schutzverantwortung für frühere hochrangige Kritiker wie John Bolton und Mike Pompeo entzogen; und er hat sich faktisch an großen Anwaltskanzleien gerächt, die Kläger und Klägerinnen vertreten hatten, die Trump kritisch gegenüberstanden – darunter auch WilmerHale.
Doch das offensichtlichste Beispiel dafür, wie sehr man sich verkalkulieren kann, wenn man Trump nicht beim Wort nimmt, ist natürlich seine Handelspolitik. Trump ist geradezu besessen von den Gefahren, die er in den Handelsdefiziten der USA gegenüber aufstrebenden Nationen sieht – und das mindestens seit den 1980er-Jahren, als sich seine Wut noch gegen Japan richtete. Er war gegen NAFTA, sprach unentwegt über China und wetterte während des gesamten Wahlkampfs 2016 gegen den Freihandel. Bei seiner Wiederwahlkampagne im vergangenen Herbst versprach er, es mit Zöllen nun wirklich ernst zu meinen. Und zentrale Mitglieder seines wirtschaftspolitischen Teams veröffentlichten Papiere, in denen sie sich für drastisch hohe Zölle aussprachen.
Trotzdem haben sowohl die Wall Street als auch die meisten Kommentatoren Trumps Ablehnung der bestehenden Wirtschaftsordnung stets eher ernst als wörtlich genommen. Jeder ging davon aus, dass er ein paar Zölle gegen ein paar Länder verhängen würde. Kaum jemand rechnete damit, dass er derart hohe Zölle gegen nahezu jedes Land der Welt verhängen würde – mit dem Risiko, das globale Handelssystem zu sprengen, die Börse abstürzen zu lassen und eine weltweite Rezession heraufzubeschwören. Am Ende brauchte es die turbulenteste Woche an der Wall Street, die man je als Folge einer politischen Ankündigung erlebt hat, bis Trump eine Kehrtwende verkündete – die, nebenbei bemerkt, bisher weitaus temporärer und teilweiser ausfällt, als viele Reaktionen vermuten lassen. (Trump hat bislang ein 90-tägiges Moratorium auf die meisten Zölle über 10 % angekündigt; die extrem hohen Zölle gegen China bleiben vorerst bestehen.)
Zitos Ratschlag zufolge sollte gesunder Menschenverstand unsere Prognosen darüber bestimmen, was Trump als Nächstes tun wird. Wenn er eine Politik ankündigt, die sich in etwa im Rahmen dessen bewegt, was auch ein anderer Präsident tun würde, ist die Wahrscheinlichkeit hoch, dass er sie verfolgt. Wenn er etwa verspricht, Unternehmenssteuern zu senken, wird er das wohl auch in den kommenden Haushaltsverhandlungen zu einer Priorität machen.
Wenn Trump hingegen außergewöhnliche Behauptungen aufstellt, die weit außerhalb der politischen Norm liegen, wird er – so die Logik – am Ende etwas deutlich Mäßigeres tun. Sein Versprechen, sich Grönland „mit allen Mitteln“ einzuverleiben, dürfte sich wohl als bloßes Getöse entpuppen; am Ende wird sich die Regierung – dieser Lesart zufolge – mit einem ausgehandelten Abkommen über mehr arktische Sicherheitskooperation mit Dänemark begnügen. Ähnlich seien Trumps Drohungen, Urteile des Supreme Court zu ignorieren, eher als Ausdruck seiner Frustration zu verstehen; letztlich, so Zitos Lesart, werde er wohl kaum bereit sein, eine schwere Verfassungskrise zu riskieren.
Angesichts der unglaublichen Bereitschaft Trumps, in der vergangenen Woche ein globales Finanzchaos in Kauf zu nehmen, scheint mir jedoch, dass Prognosen, die sich auf Zitos Rat stützen, heute eher falsch als richtig liegen dürften. In seiner zweiten Amtszeit ist Trump deutlich willensstärker und fähiger geworden, die bisherigen Normen zu brechen – selbst dann, wenn das Maßnahmen einschließt, die bis vor Kurzem noch als völlig abwegig erschienen. Wer verstehen will, was Trump als Nächstes vorhat, wird womöglich nicht vermeiden können, ihn sowohl ernst als auch wörtlich zu nehmen.
Dieser Text wurde mit Hilfe von KI übersetzt und von Niya Krasteva redigiert.