Der kommende Verfall Europas
Entweder du gestaltest die Geschichte – oder die Geschichte gestaltet dich.

In den vergangenen Wochen haben die Worte und Taten der Trump-Regierung die tiefste Kluft zwischen den Vereinigten Staaten und Europa seit dem Ende des Kalten Krieges aufgerissen. Die Beziehungen zwischen den langjährigen Partnern sind angespannter als vor George W. Bushs Invasion des Irak oder nach Trumps gemeinsamer Pressekonferenz mit Wladimir Putin in Helsinki im Jahr 2018.
Europäische Beamte reagierten fassungslos darauf, dass Trump den dänischen Premierminister, einen langjährigen Verbündeten, unter Druck setzte, Teile seines Staatsgebiets an die Vereinigten Staaten abzutreten. Sie nahmen Anstoß an einer Rede von J. D. Vance, Trumps Vizepräsident, bei der Münchner Sicherheitskonferenz, in der er sich scheinbar mit den rechtspopulistischen Kräften des Kontinents verbündete.1 Nun sind sie regelrecht außer sich, weil eine amerikanische Delegation nach Saudi-Arabien gereist ist, um mit russischen Vertretern über die Zukunft der Ukraine zu verhandeln – ohne europäische Repräsentanten am Tisch –, während Trump im Weißen Haus per Twitter Wolodymyr Selenskyj beleidigt.
Es gibt gute Gründe, warum Europäer diese Entwicklungen mit großer Besorgnis betrachten sollten. Seit dem Ende des Zweiten Weltkriegs haben die Vereinigten Staaten als Garant für Sicherheit und Stabilität in Westeuropa fungiert. Der Marshallplan half, die Wirtschaft Frankreichs, Italiens, Westdeutschlands und Großbritanniens aus der Nachkriegskrise zu heben. Amerikas Soft Power stärkte die gemäßigten Parteien auf der westlichen Seite des Eisernen Vorhangs zu einer Zeit, als das Schicksal der Demokratie bei jeder Wahl auf der Kippe stand – eine historische Tatsache, die heute allzu leicht vergessen wird. Die Präsenz amerikanischer Truppen setzte den territorialen Ambitionen der Machthaber im Kreml klare Grenzen: Sie hinderte Josef Stalin daran, West-Berlin zu verschlingen, und (viel später) Wladimir Putin daran, in Estland einzumarschieren. Diese historischen Realitäten prägten die Grundannahmen der europäischen Außenpolitik – und nun wird deutlich, dass diese Grundannahmen einer radikalen Revision bedürfen.
Doch so berechtigt es ist, dass die Europäer diese Entwicklung mit Bedauern betrachten, so wenig gibt es eine Entschuldigung dafür, dass sie davon überrascht sind. Trump hat seine Abneigung gegenüber der NATO bereits in seiner ersten Amtszeit deutlich gemacht. Er hat seine Bewunderung für Wladimir Putin unzählige Male bekundet. Und er begegnet Selenskyj seit Jahren mit offener Feindseligkeit – ebenso wie der amerikanischen Unterstützung für die Ukraine. Nichts davon hätte irgendjemanden überraschen sollen.
Warum also ist Europa so unvorbereitet auf das, was geschieht? Warum war das Publikum in München erstaunt, als Vance Dinge sagte, die Trump und seine engsten Vertrauten seit Jahren offen vertreten? Warum sind europäische Staats- und Regierungschefs nicht in der Lage, der Ukraine ausreichend Unterstützung zu leisten, um es Russland, den USA oder irgendjemand anderem unmöglich zu machen, über die Zukunft des Landes ohne ihre Beteiligung zu verhandeln? Warum, kurz gesagt, sind die Europäer immer noch so unfähig, das Schicksal ihres eigenen Kontinents in die eigene Hand zu nehmen?
Im Herbst 2016 war ich Junior Fellow an der Transatlantic Academy des German Marshall Fund – ein Jobtitel, der ganz gut die Atmosphäre jener würdigen, wenn auch eher biederen und wenig einfallsreichen Institutionen einfängt, die sich der reibungslosen Funktionsweise des transatlantischen Bündnisses verschrieben haben. Wenige Wochen bevor Donald Trump gegen Hillary Clinton antreten sollte, machten wir eine Reise nach Berlin, um hochrangige Entscheidungsträger zu treffen.
Bei jedem Treffen stellte unser Sherpa, Stephen Szabo – ein Mann mit einer so stoischen, mittelwestlichen Art, dass man leicht übersehen konnte, wie scharf seine Fragen oft waren – unseren Gesprächspartnern behutsam dieselbe Frage: Welche Pläne hatten sie für den Fall einer Trump-Präsidentschaft? Und bei jedem Treffen war die Antwort von Grünen und Christdemokraten, von Liberalen und Sozialdemokraten nahezu identisch: Trump kann unmöglich gewinnen. Aber was, wenn doch? Die amerikanische Außenpolitik wird sich kaum grundlegend ändern. Aber was, wenn doch? Nach Trump wird alles wieder normal. Aber was, wenn nicht? Schweigen. Ein Achselzucken. Und dann, in wenigen oder vielen Worten, immer dieselbe unausgesprochene Antwort: Es muss so kommen. Alles andere wäre undenkbar.
Das setzte den Ton für das, was Europa in den nächsten acht Jahren tat – oder vielmehr nicht tat. Während die führenden Politiker des Kontinents über Trumps Wahlsieg tief beunruhigt waren, behandelten sie seine Präsidentschaft wie einen einmaligen Albtraum, aus dem wir alle irgendwann erwachen würden, mit der Weltordnung, wie wir sie kannten, auf wundersame Weise wieder auf „normal“ zurückgesetzt. Sie holten sich Ratschläge, wie sie Trump bei Gipfeltreffen die Hand geben sollten. Sie versuchten, ihn mit bescheidenen Erhöhungen ihrer Militärausgaben oder pompösen Staatsbesuchen zu besänftigen. Sie warteten ab und hofften darauf, dass die Amerikaner zur Vernunft kämen und jemanden wie Joe Biden wählten. Und dann taten die Amerikaner genau das – was scheinbar bewies, dass die europäische Untätigkeit, die in Wirklichkeit einem völligen Mangel an Vorstellungskraft entsprang, in Wahrheit ein genialer taktischer Schachzug gewesen war.
Die gleiche Verdrängung bevorstehender Realitäten prägte die europäische Reaktion auf den russischen Angriff auf die Ukraine am 24. Februar 2022. Bei jeder sicherheitspolitischen Konferenz sorgten sich Think-Tanker und Militärstrategen darüber, inwieweit die Unterstützung für die Ukraine in Washington zu einem politischen Spielball wurde. Hast du gelesen, welche republikanischen Kongressabgeordneten gegen das neueste Hilfspaket gestimmt haben? fragte ein Think-Tanker. Hast du den neuesten Truth-Social-Post über Selenskyj gesehen, den Trump aus seinem Exil in Mar-a-Lago abgesetzt hat? flüsterte ein Militärstratege.
Doch die wachsende Besorgnis führte nie zu konkretem Handeln. Während Europa in den letzten Jahren einen bedeutenden Beitrag zur Verteidigung der Ukraine geleistet hat, entwickelten die politischen Führer des Kontinents nie einen Plan dafür, wie sie Russland eindämmen könnten, falls eine neue US-Regierung sie tatsächlich ihrem eigenen Schicksal überlassen sollte. Tatsächlich haben einige der Politiker, die sich nun über Trumps „Verrat“ entsetzt zeigen, die Ukraine aus politischen Gründen selbst im Stich gelassen. Im Kampf um seine Wiederwahl als deutscher Bundeskanzler präsentierte Olaf Scholz seine Zurückhaltung gegenüber weiteren Hilfen für die Ukraine wiederholt als Ausdruck überlegenen Urteilsvermögens. Er ließ durchblicken, dass die entschiedenere Haltung seines Hauptkonkurrenten Friedrich Merz das Risiko eines Dritten Weltkriegs erhöhe.
Rückblickend war Trumps Wahlsieg 2016 – in einer Zeit, in der ihm noch die politische Erfahrung und das loyale Personal fehlten, um seine Instinkte in die Tat umzusetzen – ein Geschenk für Europa. Er gab den europäischen Staats- und Regierungschefs fast ein Jahrzehnt Zeit, um sich auf eine Welt vorzubereiten, in der sie nicht mehr auf die USA als Garanten ihrer Sicherheit zählen konnten. Doch Europas Regierungschefs verschwendeten dieses Geschenk. Es wäre weitaus einfacher, Mitgefühl für ihre nun offen zur Schau gestellte Bestürzung zu empfinden, wenn sie nicht alles in ihrer Macht Stehende getan hätten, um sich vor der Vorbereitung auf die äußerst vorhersehbare Lage zu drücken, in der sie sich jetzt wiederfinden.
Vor ein paar Wochen nahm ich an einer Podiumsdiskussion auf der Harvard European Conference teil, zusammen mit einem ehemaligen Vizepräsidenten der Europäischen Kommission und einem aktuellen Mitglied des Europäischen Parlaments. Eigentlich sollten wir über Populismus sprechen – und das taten wir auch eine Zeit lang –, doch wie wohl unvermeidlich driftete das Gespräch schließlich zu den wirtschaftlichen und geopolitischen Perspektiven des Kontinents ab. Zu meiner Überraschung waren meine Gesprächspartner ausgesprochen optimistisch.
Ein Begriff, den sie besonders gern verwendeten, war der „Brüssel Effekt“. Laut dieser Theorie, die auf der Konferenz in Reden und privaten Gesprächen gebetsmühlenartig wiederholt wurde, liegt Europas wahre Supermacht in seiner Fähigkeit, die Welt durch Regulierung zu führen – und das ist kein Scherz. Falls die Europäische Union neue Vorschriften erlässt, müssten sich selbst weit entfernte Unternehmen in Asien oder Nordamerika daran halten, um weiterhin Zugang zu einem der größten Märkte der Welt zu haben. Selbst bei Zukunftstechnologien wie Künstlicher Intelligenz, so bestanden meine Mitdiskutanten darauf, bleibe Europa eine Kraft, mit der die Welt rechnen müsse.
Das Problem mit dieser Sichtweise ist, dass sie eine erschreckend geringe Ambition offenbart. Die Vorstellung, dass die rechtmäßige Rolle des Kontinents, der den Buchdruck und die Dampfmaschine, das Automobil und das World Wide Web hervorgebracht hat, darin besteht, zum obersten Regulierer der Welt zu werden, erinnert (wie ich bereits früher geschrieben habe) an den Traum eines Kindes, einmal als Fluraufsicht für Disziplin auf den Gängen zu sorgen. Das zweite Problem mit dieser Sichtweise ist, dass sie reines Wunschdenken ist. Denn so bescheiden dieses Ziel auch sein mag – angesichts des aktuellen Zustands des Kontinents ist es nicht einmal realistisch.
Nehmen wir den Fall Künstlicher Intelligenz. Als ich das Publikum der Konferenz fragte, wer ChatGPT auf seinem Handy installiert habe, schossen nahezu alle Hände in die Höhe. Als ich nach DeepSeek fragte, meldete sich etwa ein Viertel des Saals. Doch als ich nach MistralAI fragte – Europas ambitioniertestem Versuch in diesem Bereich –, sah ich gerade einmal eine einzige Hand. (Der ehemalige Vizepräsident der Europäischen Kommission machte mich stolz darauf aufmerksam, dass ich eine zweite Hand übersehen hatte.)
Nun, selbst wenn keine der weltweit führenden KI-Technologien in Europa entwickelt wird, könnte der Kontinent theoretisch immer noch regulieren, welche Inhalte amerikanische oder chinesische Chatbots innerhalb der EU anzeigen dürfen – indem er ihnen schlicht mit einem Verbot droht. Und wenn europäische Regierungen bereit sind, immer drastischere Einschränkungen der Meinungsfreiheit in Kauf zu nehmen – einen Weg, den sie in den letzten Jahren mit ungewohnter Entschlossenheit beschritten haben –, könnten sie vielleicht sogar die Verbreitung „schädlicher“ KI-generierter Inhalte in sozialen Netzwerken innerhalb Europas verlangsamen. Doch diese vermeintliche Lösung wäre nicht nur schlimmer als das Problem selbst – sie würde auch die eigentlichen Gefahren, die von KI ausgehen, in keiner Weise abwenden. Können Brüsseler Bürokraten wirklich garantieren, dass eine mit KI entwickelte tödliche Biowaffe nicht über die Grenzen des Kontinents hinaus verbreitet wird? Werden ihre Gesetze Lettland oder Finnland vor einer Drohnenarmee schützen, die von einem hochentwickelten KI-Agenten ferngesteuert wird? Werden sie die Menschheit vor einer Armee hyperintelligenter, außer Kontrolle geratener Roboter retten?
Natürlich nicht. Und die Tatsache, dass meine Mitdiskutanten auf dem Podium regelrecht wütend wurden, als ich genau darauf hinwies, zeigt, wie tief die Verdrängung über den wahren Zustand Europas mittlerweile reicht. Nennen wir es, wenn man so will, den Brüssel Defekt.
Europa hat eine der grundlegendsten Lehren aus seiner eigenen Geschichte vergessen: Entweder du gestaltest die Geschichte – oder die Geschichte gestaltet dich. Diese Selbstvergessenheit hat europäische Bürger, Intellektuelle und politische Führungskräfte dazu verleitet, den Preis eines relativen Niedergangs massiv zu unterschätzen.
In den letzten Jahrzehnten haben die Europäer – langsam, widerwillig und unvollständig – erkannt, dass ihre Rolle in den globalen Angelegenheiten immer weiter schrumpft. Die bedeutendsten technologischen Innovationen entstehen anderswo. Wirtschaftswachstum konzentriert sich in Asien und Nordamerika. Selbst das kulturelle und modische Zentrum der Welt verlagert sich zunehmend weg vom Kontinent.
Doch selbst während sich die abnehmende Bedeutung Europas allmählich nicht mehr leugnen lässt, hält sich hartnäckig die Illusion, dass sich dieser Niedergang würdevoll verwalten ließe. Vielleicht wird die Stimme des französischen Präsidenten oder des deutschen Bundeskanzlers in den Vereinten Nationen oder beim G20-Gipfel immer weniger Gewicht haben. Vielleicht werden europäische Unternehmen auf alteingesessene Industrien beschränkt bleiben. Vielleicht werden europäische Universitäten nicht mehr zur Weltspitze gehören. Doch das Leben in Europa, so die Hoffnung, wird weiterhin angenehm sein. Die Europäer werden weiterhin gute Gehälter verdienen, von einem starken Sozialstaat profitieren, lange Urlaube nehmen, in schönen Städten leben und natürlich demokratische Institutionen genießen.
Leider habe ich immer größere Zweifel daran, dass die sich verändernde geopolitische Realität Europa diesen sanften Abstieg erlauben wird. Wenn das grundlegende Wirtschaftsmodell eines Landes wie Deutschland kaputt geht, muss der Wohlstand nicht einfach stagnieren – er kann ebenso gut abstürzen. Wenn Länder sowohl wirtschaftlich als auch demografisch schrumpfen, werden ihre Sozialstaaten nicht zwangsläufig ein wenig weniger großzügig – sie können genauso gut untragbar werden. Und wenn Staaten zunehmend von Autokraten und Diktatoren in fernen Ländern abhängig werden, bedeutet das nicht nur eine Einschränkung ihrer außenpolitischen Spielräume – es kann ebenso ihre Werte und Institutionen grundlegend verändern.
Während des Kalten Krieges wurden die europäischen Länder, die in den Einflussbereich der Sowjetunion gerieten, ausnahmslos zu kommunistischen Diktaturen. Die europäischen Länder, die unter den Einfluss der USA fielen, wurden hingegen – mit wenigen Ausnahmen – zu Demokratien.2 Früher oder später nehmen Klientelstaaten in der Regel die Merkmale ihrer Schutzmächte an.
Konrad Adenauer, der erste Bundeskanzler der Nachkriegszeit, stand vor einer wegweisenden Entscheidung: Er konnte die neugegründete Bundesrepublik fest in das westliche Bündnis einbinden oder versuchen, Deutschland zu einem neutralen Staat zu machen, der sich weder den USA noch der Sowjetunion anschloss. Seine Entscheidung, die Neutralität abzulehnen – trotz der (höchst ungewissen) Aussicht auf eine Wiedervereinigung –, war nicht nur eine Frage der Machtpolitik, sondern ebenso eine Frage der Kultur. Sie war ein Bekenntnis zu einer Vision jener Werte, die Deutschland künftig prägen sollten – und die es, größtenteils, letztlich auch geprägt haben.
Europäische Entscheidungsträger stehen heute vor einer ebenso folgenschweren Wahl. Die erste Möglichkeit besteht darin, sich abzusichern. In den kommenden Jahren wird die Versuchung wachsen, als Reaktion auf einen zunehmend unzuverlässigen amerikanischen Verbündeten die Beziehungen zu Russland und China zu verbessern. Tatsächlich ist diese Haltung unter den Machthabern in Prag und Budapest bereits weit verbreitet – und auch in Paris und Berlin gibt es viele Wähler, die diese Strategie befürworten. Doch dieser Weg würde europäische Staaten faktisch zu Vasallen von Wladimir Putin und Xi Jinping machen – und die innenpolitische Stabilität Europas den Launen autoritärer Herrscher in aller Welt ausliefern.
Die zweite Möglichkeit besteht darin, einfach so weiterzumachen wie bisher. In diesem Szenario würden die Europäer weiterhin an einer Politik festhalten, die auf der grundlegenden Annahme beruht, dass sie ihre Sicherheitsinteressen an die Vereinigten Staaten auslagern können. Nach einer Runde vollmundiger Versprechen, die Militärausgaben zu erhöhen und die Zusammenarbeit der Streitkräfte zu vertiefen, würden sie – wie schon 2022 – leise wieder zur gewohnten Tagesordnung übergehen. Mir scheint dieses Szenario weit wahrscheinlicher, als die empörte Rhetorik der vergangenen Tage vermuten lässt – nicht zuletzt, weil es der allgemeinen Neigung europäischer Entscheidungsträger entspricht: keine größeren Veränderungen vorzunehmen, solange sie sich nicht mehr vermeiden lassen. Doch wie die erste Option wäre auch diese Verweigerungshaltung gegenüber den neuen Realitäten nichts anderes als die Selbstaufgabe des Kontinents – und würde Europa zum Spielball der Großmächte machen, einschließlich zukünftiger Regierungen in Washington.
Die dritte und letzte Möglichkeit besteht darin, dass Europa endlich tut, was nötig ist, um wieder ein eigenständiger historischer Akteur zu werden. Doch dies würde weit mehr Vorstellungskraft und Anstrengung erfordern, als die meisten Europäer derzeit bereit sind zu erkennen. Natürlich müssten die Europäer erheblich mehr in ihre Streitkräfte investieren, um glaubwürdig für die Sicherheit ihres eigenen Kontinents sorgen zu können. Aber sie müssten auch erkennen, dass ihre Fähigkeit, auf eigenen Füßen zu stehen, völlig unvereinbar ist mit ihrer stillschweigenden Resignation, lediglich ein Kontinent der Museen, Monumente und Mittelmäßigkeit zu sein.
Politiker wie Emmanuel Macron haben in den vergangenen Jahren gelegentlich die Notwendigkeit einer europäischen strategischen Autonomie beschworen. Doch wenn ein französischer Präsident solche Ambitionen äußert, fällt es leicht, sie als nostalgische Anknüpfung an Charles de Gaulles unerfüllte Visionen für la grande nation abzutun. Um aus solchen Schlagworten eine greifbare Realität zu machen, bedarf es weit mehr als bloßer Rhetorik – es braucht entschlossenes Handeln in den Hauptstädten einer weit größeren Zahl europäischer Staaten.
Die dringendste Notwendigkeit für Europa ist nun eine massive Investition in seine eigene Verteidigung. Nach zwei verheerenden Weltkriegen entschieden sich Länder von Italien bis Schweden verständlicherweise dafür, ihre Mittel lieber in Schulen und Rentensysteme als in Soldaten und Kampfjets zu stecken. Und da die USA aus der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts mit immensen Ressourcen und einem unerschütterlichen Bekenntnis zum westlichen Bündnis hervorgingen, konnten sich die Europäer darauf verlassen, ihre Sicherheit weitgehend an Onkel Sam auszulagern.
Doch diese Ära ist nun unwiderruflich vorbei. Und sie wird nicht zurückkehren – nicht einmal, wenn 2028 Kamala Harris, Pete Buttigieg oder der Geist von John McCain ins Weiße Haus einziehen sollte. Wenn die Europäer ihr Schicksal nicht selbst in die Hand nehmen, akzeptieren sie stillschweigend, sich dem Willen der großen Militärmächte anderer Kontinente auszuliefern: einer kommunistischen Regierung in Peking, die nach globalem Einfluss strebt; einem neokolonialen Diktator in Moskau, der nach Vergeltung dürstet; und einer zunehmend unberechenbaren Abrissbirne mit einer Vorliebe für Chaos in Washington, D.C. Europa muss in der Lage sein, seinen eigenen Kontinent mit seinen eigenen Streitkräften zu verteidigen.
Doch selbst eine deutliche Erhöhung der Militärausgaben wird nicht ausreichen, um dem Kontinent seine tatsächliche Handlungsfähigkeit zurückzugeben. Denn auf lange Sicht hängt militärische Stärke untrennbar vom wirtschaftlichen Wohlstand ab. Wenn Europa also eine echte strategische Autonomie aufrechterhalten will, müssen seine Entscheidungsträger auch die tiefgreifenden Reformen angehen, die nötig sind, um den scheinbar unaufhaltsamen wirtschaftlichen Niedergang des Kontinents umzukehren. Um auf eigenen Beinen zu stehen, muss Europa Startups anziehen, die in den Zukunftsbranchen – von Elektroautos bis hin zu Künstlicher Intelligenz – mit China und den USA konkurrieren können. Es muss seine Universitäten und wissenschaftlichen Institute mit ausreichenden Mitteln ausstatten, um mit den besten der Welt mithalten zu können. Es muss Wege finden, seine Kultur zu erneuern und den demografischen Niedergang aufzuhalten. Die Europäer müssen endlich aufhören zu glauben, dass eine glorreiche Vergangenheit eine hinreichende Garantie für eine würdevolle Zukunft ist.
In den vergangenen Wochen bin ich zu einer schmerzhaften Erkenntnis gelangt: Wer an den zentralen Prinzipien der alten Ordnung hängt, die nun auseinanderbricht, muss jede Hoffnung auf eine Rückkehr zum status quo ante aufgeben.
Veränderte politische Umstände sind selten ein Grund, seine Werte aufzugeben. Aber sie können sehr wohl ein Grund sein, anzuerkennen, dass sich der beste Weg, diese Werte zu verteidigen, verändert hat. Solange diejenigen von uns, die an die fundamentalen Prinzipien freier und demokratischer Gesellschaften glauben, sich weigern einzusehen, dass die Welt von gestern endgültig Vergangenheit ist, werden wir weiter verlieren. Nur wenn wir die Gründe, die zum Zusammenbruch der alten Ordnung geführt haben, ernst nehmen und zugleich an unseren grundlegenden moralischen Überzeugungen festhalten, können wir eine neue Zukunft entwerfen – und damit eine realistische Chance haben, sie zu gewinnen.
Nirgends wird dies deutlicher als in Europa. Es ist höchste Zeit, dass der Kontinent sich von seinen gefährlichen Illusionen verabschiedet. Die Vorstellung eines sanften, allmählichen Niedergangs mag verlockend sein. Doch sie ist eine Fata Morgana. Die wahren Alternativen, vor denen Europa nun steht, lassen sich auf zwei Möglichkeiten reduzieren: radikale Erneuerung – oder rasanter Verfall.
Dieser Text wurde mit Hilfe von KI übersetzt und von Niya Krasteva redigiert.
Die Rede selbst schien mir in diesem Punkt weit mehr Spielraum für Interpretation zu lassen, als es manche Berichterstattung nahegelegt hat. Doch Vance’s Entscheidung, sich im Vorfeld der deutschen Wahlen mit führenden Politikern der Alternative für Deutschland zu treffen, deutet klar darauf hin, dass die Regierung die Partei als potenziellen Partner betrachtet.
Ich bin sicher, dass jemand hier eine schlaue Ausnahme finden kann. Griechenland, Spanien und Portugal in den ersten Nachkriegsjahrzehnten, natürlich. Der Vatikan, nehme ich an. Zählen Liechtenstein und Monaco als Demokratien?