Elaine Kamarck und William Galston darüber, wie die Demokraten wieder gewinnen können
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Elaine C. Kamarck ist Senior Fellow im Bereich Governance Studies und leitet das Center for Effective Public Management am Brookings-Institut. William A. Galston hat dort den Ezra-K.-Zilkha-Lehrstuhl im selben Programm inne.
In diesem Gespräch diskutieren Yascha Mounk, Elaine Kamarck und William Galston, warum es den Demokraten nicht gelingt, langfristige Koalitionen zu bilden, wie sie die Unterstützung der Arbeiterklasse verloren haben – und wie die Zentristen in der Partei den Wählern wieder ein überzeugendes Angebot machen können.
Das Transkript wurde gekürzt und zur besseren Verständlichkeit leicht bearbeitet.
Yascha Mounk: Ich möchte euch etwas vorlesen, das ich gestern Abend entdeckt habe. Da steht: „Die Demokratische Partei muss sich zwischen zwei grundsätzlichen Strategien entscheiden. Die erste ist, sich einzuigeln, nichts zu verändern und auf eine Katastrophe zu warten – eine tiefe Rezession, einen gescheiterten Krieg oder einen Verfassungsbruch –, die den Sieg bringt. Der Nachteil dieser Strategie ist, dass sie die Partei vollständig den Ereignissen ausliefert. Sie bringt die Partei in die Lage, insgeheim auf schlechte Nachrichten zu hoffen – und das riecht der Wähler, und er mag es nicht. Es ist eine Formel für ziellose, wirkungslose Regierungsführung. Die andere Strategie, aktiv statt passiv, besteht darin, sich den Schwächen der Partei direkt zu stellen. Der nächste Präsidentschaftskandidat muss deshalb als Oberbefehlshaber der Streitkräfte und als oberster Hüter unserer Außenpolitik absolut glaubwürdig sein; er muss die moralischen Überzeugungen des durchschnittlichen Amerikaners klar widerspiegeln; und er muss eine progressive wirtschaftspolitische Botschaft vertreten, die auf den Werten von sozialem Aufstieg und individueller Leistung basiert.“
Die Autoren dieser Zeilen sind Elaine Kamarck und Bill Galston. Und für mich klingt das, als wären sie vor ein paar Monaten geschrieben worden. Wann habt ihr das verfasst?
Elaine Kamarck: 1989.
Bill Galston: Vor 36 Jahren.
Mounk: Ich habe immer wieder von diesem berühmten Artikel gelesen, „The Politics of Evasion“, und kenne eure Arbeiten natürlich gut – aber ich muss zugeben, dass ich es selbst erst gestern gelesen habe. Und ich bin fast vom Stuhl gefallen, als ich gemerkt habe, wie sehr die Lage nach der Niederlage der Demokraten gegen George H. W. Bush 1988 der heutigen Situation ähnelt. Nehmt uns mal mit zurück in diesen Moment und erklärt, was damals eigentlich das Problem war, das ihr in „The Politics of Evasion“ beschrieben habt.
Kamarck: Wir hatten mehrere Präsidentschaftswahlen hintereinander verloren, obwohl die Partei auf der Kongress- und Lokalebene eigentlich ziemlich stark war. Wir lebten also irgendwie in dem Mythos, dass eigentlich alles in Ordnung sei – es lag nur daran, dass Ronald Reagan so charismatisch war, und so weiter. Dann verloren wir gegen George H. W. Bush, der alles andere als charismatisch war. Da mussten wir wirklich einen Moment der Wahrheit erleben, wie man bei uns sagt. Wir mussten die Partei anschauen und uns eingestehen: Hier stimmt grundlegend etwas nicht. Und natürlich war das, was nicht stimmte, etwas, das wir seither immer wieder beobachten konnten – nämlich dass die Demokraten in zentralen Wertfragen im Grunde nicht im Einklang mit großen Teilen des Landes standen. Viele Menschen hatten sich von den nationalen Demokraten abgewendet, auch wenn sie damals weiterhin Demokraten ins Repräsentantenhaus und in den Senat wählten. Es war also an der Zeit, dass sich die Partei sehr kritisch mit sich selbst auseinandersetzt.
Galston: Eines der Dinge, die die eigentlichen Probleme überdeckt haben, war die dominante Position der Demokraten im US-Kongress. Der Senat war ein bisschen wechselhaft, aber im Repräsentantenhaus hatten die Demokraten in den späten 1980er-Jahren seit über 30 Jahren durchgehend die Mehrheit – und sie sollten sie noch weitere sechs Jahre behalten. In The Politics of Evasion haben wir vor dem gewarnt, was wir „den Mythos der Bastion Kongress“ genannt haben – also die Vorstellung, dass die Demokraten im Kongress auf Dauer stark bleiben könnten, selbst wenn sie auf nationaler Ebene an Glaubwürdigkeit verlieren. Als die Demokraten dann die Kontrolle über den Kongress verloren, waren wir zwar enttäuscht, aber nicht völlig überrascht. Und natürlich hatten wir ja auch die Kontrolle über den Senat erst verloren, dann zurückgewonnen und dann wieder verloren. Es war klar, dass das Eis zu brechen begann – und dass es nicht mehr dick genug war, um darauf zu stehen. Aber die Frage, was man tun sollte, war damit noch lange nicht beantwortet.
Mounk: Was mir in der Arbeit besonders aufgefallen ist: Ihr arbeitet eine ganze Reihe von Ausreden heraus, mit denen sich die Demokraten eingeredet haben, dass sie nichts verändern müssten. Ihr nennt das eine „den Mythos des liberalen Fundamentalismus“ – also die Idee, dass alles gut werden würde, wenn man nur zu den wahren liberalen, wahren progressiven Positionen zurückkehrt. Eine andere Ausrede nennt ihr „den Mythos der Mobilisierung“ – also die Vorstellung, dass die Demokraten nur verloren hätten, weil die wahre Basis, vor allem Minderheitengruppen und Menschen, die seltener zur Wahl gehen, nicht abgestimmt haben – und dass sie sofort wieder gewinnen würden, wenn diese Leute nur wählen gehen würden. Und auch da dachte ich: Diese Debatten, inklusive der Erwähnung von Ruy Teixeira, der ja gelegentlich bei uns im Podcast ist und für Persuasion schreibt, könnten eins zu eins aus den letzten Monaten stammen.
Kamarck: Absolut, das könnten sie. Bill und ich werden ja auch nicht jünger – wie man an Bills grauen Haaren sieht und an meinem Versuch, meine zu verstecken – und wir scherzen ständig, dass langsam jemand anders diese Arbeit schreiben muss. Denn wir können das nicht ewig machen – es sei denn, die Demokraten ändern wirklich grundsätzlich, wie sie über sich selbst denken und wie sie dieses Land verstehen.
Damals gab es so etwas wie eine echte politische Umwälzung. So hatten wir das noch nie erlebt. Besonders im Süden war das auffällig: Dort wechselten Kongressabgeordnete die Partei. In den Siebzigern und Achtzigern gab es eine Art regelmäßigen Takt von Leuten, die aus der Demokratischen Partei austraten, weil sie das Gefühl hatten, dass sie auf nationaler Ebene dort nicht mehr hineinpassen. Das hätte ein Warnsignal sein müssen. Und heute sind die Südstaaten ja auf fast allen Ebenen fest in republikanischer Hand.
Galston: Das ist inzwischen eine bekannte historische Erzählung. Noch in den 1960er-Jahren hatten die Demokraten die sogenannte New-Deal-Koalition geerbt – eine etwas unübersichtliche Allianz aus nord- und teilweise westamerikanischen Liberalen auf der einen Seite, und konservativen Südstaatlern, vor allem in Fragen der Rasse, auf der anderen. Die Bürgerrechtsbewegung hat diese Koalition gesprengt – aber das ging nicht von heute auf morgen. Wie Elaine gesagt hat, gab es über Jahre hinweg eine langsame Abwanderung im Süden – teils weil Leute von einer Partei zur anderen wechselten, teils durch eine Reihe von Wahlniederlagen, bei denen Republikaner gegen Süddemokraten gewannen. Und gleichzeitig verschwanden die liberalen Republikaner – die früher sehr einflussreich waren – fast vollständig. Viele von ihnen wurden Demokraten. Diese politische Neuordnung hatte für die Demokraten eine ganze Reihe negativer Folgen. Eine davon war, dass sie in vielen kleinen Bundesstaaten die Kontrolle verloren – also in genau den Staaten, die im Senat genauso viel Macht haben wie die großen. Und das bedeutet: Der Weg zur Mehrheit im Senat wurde immer steiler – und ist in den letzten Jahren noch steiler geworden.
Mounk: Eine weitere Parallele zur heutigen Lage ist eure Haltung zu wirtschaftlichen Themen. Wie das Zitat, das ich vorhin vorgelesen habe, zeigt, hattet ihr Sorge, dass die Demokraten zu wenig über individuelle Leistung gesprochen haben – dass sie nicht aufstiegsorientiert genug waren, zu wenig darüber gesprochen haben, dass Menschen am unteren Ende der sozialen Leiter auch hoffen, den amerikanischen Traum zu leben. Das hat mich nicht besonders überrascht.
Aber ich hatte immer den berühmten Satz von James Carville im Kopf – ich glaube, er stammt von ihm: “It’s the economy, stupid” (Es geht um die Wirtschaft, Dummkopf). Und genau das klang bei euch im Artikel eben nicht durch. Ihr habt euch ja ausdrücklich gegen diejenigen gestellt, die sagten: „Es geht einzig und allein um die Wirtschaft“ – und stattdessen argumentiert, dass kulturelle Fragen mindestens genauso wichtig waren, sogar damals schon. Erklärt doch mal, warum die kulturellen Themen selbst im Vorfeld von Bill Clintons Wahlsieg 1992 so entscheidend waren – und warum so viele das übersehen haben.
Galston: Elaine und ich haben kulturelle Themen als eine Art Glaubwürdigkeitsgrenze verstanden. Also: Wenn die Leute nicht das Gefühl haben, dass du ihre Werte und ihre Weltanschauung teilst, dann hören sie sich auch deine wirtschaftspolitischen Argumente nicht an. In vielen progressiven Denkmustern wirkt ein gewisser ökonomischer Fundamentalismus. In vertrauter Sprache ausgedrückt: Die Ökonomie ist die Basis, die Kultur ist der Überbau. Und die Vorstellung ist, dass ökonomische Entwicklungen viel mehr Einfluss auf die Kultur haben als umgekehrt – also dass Kultur nicht entscheidend sei für das allgemeine Denken der Wähler. Je mehr wir darüber nachgedacht haben, desto klarer wurde uns: Das stimmt nicht. Das mag für progressive Intellektuelle gelten, aber für Durchschnittsamerikaner stimmt es nicht. Eine Partei, die das nicht versteht, manövriert sich in große Schwierigkeiten – selbst wenn sie ein wirtschaftspolitisch glaubwürdigeres Programm hat als das, was wir 1988 hatten. Und das war: gar keines.
Kamarck: Ja, und es ist eigentlich ganz einfach. Die kulturellen Themen sind emotional. Sie verunsichern Menschen, sie machen ihnen Angst. Es ist etwas, das sie ablehnen. Emotion schlägt immer den Intellekt. Wirtschaftspolitik zu verstehen, ist ein intellektueller Prozess. Man denkt sich: Okay, was stoppt die Inflation? Wird das hier helfen? Oder das da? Aber du kannst den Menschen keine wirtschaftspolitische Botschaft vermitteln, wenn sie von einer sich wandelnden Kultur verängstigt sind, die sie weder verstehen noch gutheißen. So funktioniert menschliches Verhalten.
Mounk: Ich habe das in der heutigen politischen Lage ähnlich beschrieben: als eine Art Erlaubnis zu reden. Klar, die Demokraten wollen Wahlen mit Wirtschaftsthemen gewinnen. Aber um überhaupt eine Chance zu haben, müssen sie den Leuten zeigen: Wir kümmern uns wirklich um eure Interessen. Wir verurteilen euch nicht. Wir sehen die Welt im Kern so wie ihr. Und wenn das nicht gelingt, dann hört euch auch niemand euer wirtschaftliches Programm an. Auch das: eine sehr auffällige Parallele.
Ihr habt ja auch viel dazu geschrieben, wie es den Demokraten heute geht. Deshalb: Zeichnet mal diese Parallelen nach. Viele sagen jetzt, Kamala Harris habe die Kandidatur spät übernommen. Sie hatte viele Gegenwinde – hohe Inflation, was immer ein Problem für Amtsinhaber ist. Unter solchen Bedingungen hätte niemand gewinnen können. Deshalb, so Ken Martin, der neue Vorsitzende des DNC, der bundesweiten Organisation der Demokratischen Partei in den USA, müsse man nichts ändern – die Botschaft stimme. Und deshalb, so Tim Walz, Kamala Harris’ Vizekandidat – erinnerst du dich an ihn? – sei das eigentliche Problem gewesen, dass man wokeness und DEI nicht genug verteidigt habe. Man müsse genau dort ansetzen, dann klappe es 2028. Warum, aus eurer Sicht, liegen Ken Martin und Tim Walz falsch?
Kamarck: Fangen wir mit den drei großen Themen an: Inflation, Einwanderung und Kultur. Das Thema Kultur war im Grunde eingefangen in dem ganzen Streit um wokeness und Transgender-Fragen. Bei der Inflation war es so, dass die Regierung viel zu langsam reagiert hat. Und das war Ausdruck eines Phänomens, über das wir noch gar nicht gesprochen haben, das aber neu war bei dieser Wahl: Seit wir das erste Politics of Evasion geschrieben haben, hat sich die soziale Basis der amerikanischen Parteien komplett umgekehrt. Heute sind die Demokraten die Partei der Akademiker und der Wohlhabenden. Und die Republikaner sind die Partei der Nicht-Akademiker und der Leute, denen es finanziell nicht besonders gut geht.
Ich erkläre das gerne so: Die Menschen mit Hochschulabschluss gehen durch den Supermarkt, ohne zu berechnen, was sie in ihren Einkaufswagen legen. Alle anderen – vor allem in Zeiten der Inflation – zählen im Kopf mit. Oder sie benutzen ihr Handy oder sonst was, um genau zu wissen, was sie da gerade einkaufen. Weil es für sie zählt. Und genau das haben wir völlig übersehen.
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Einwanderung ist ein wirtschaftliches Thema, aber eben auch ein kulturelles. Es berührt ganz tiefe Ängste: Angst vor dem Anderen, Angst, etwas zu verlieren, Angst, von Menschen verdrängt zu werden, die man nicht kennt. Und natürlich hat Trump genau mit diesen Ängsten gespielt – und zwar meisterhaft. Dann war da noch das Thema Transgender, das die Trump-Kampagne fünf Wochen lang wie mit dem Vorschlaghammer durch die Gegend trug – bei jeder Gelegenheit. Auch das hat eine Angst vor dem Unbekannten ausgelöst. Irgendwie wurden die Leute überzeugt, dass ihren eigenen Kindern etwas passieren könnte, nur weil andere Kinder oder Jugendliche unter Genderdysphorie litten. Das Ganze lief auf einer emotionalen Ebene ab, die die Demokraten weder verstanden noch erfasst haben. Und ihre politischen Antworten waren völlig wirkungslos, weil jedes einzelne dieser Themen emotionale Auswirkungen auf die Wähler hatte. Es war wirklich tragisch.
Galston: Es ist schwer, Elaines Zusammenfassung noch etwas hinzuzufügen, aber zwei Fußnoten hätte ich doch. Erstens: Auch wenn ich vollkommen zustimme, dass kulturelle Themen emotional aufgeladen sind, dürfen wir nicht vergessen, dass auch wirtschaftliche Themen emotionale Dimensionen haben. Und genau das haben viele Ökonomen, mit denen Elaine und ich zu tun hatten, nie verstanden. Für viele Amerikaner – das haben wir sehr deutlich schon in der Inflationszeit unter Carter gesehen – steht Inflation für ein Gefühl, dass alles aus dem Ruder läuft. Sie ist auch ein Symbol für Ungerechtigkeit. Denn viele Menschen glauben, dass sie sich das, was sie haben, ehrlich verdient haben – und dass die Inflation es ihnen wieder wegnimmt. Das erzeugt ein tiefes Gefühl, von anonymen Kräften betrogen worden zu sein. Punkt eins ist also: Wenn die Biden-Regierung immer wieder mit positiven Zahlen kam – Jobs, BIP, all das – dann war das zwar sachlich richtig, aber es spielte keine Rolle. Es wirkte ausweichend. Und die Menschen hassen es, wenn man ihnen sagt, dass ihre Probleme gar keine echten Probleme seien, dafür aber ganz andere, von denen sie gar nichts merken, angeblich gelöst wurden. Das ist fast schon eine Beleidigung.
Der zweite Punkt: Es ging nicht nur um die allgemeine Haltung der Partei zu Transgender-Themen. Es waren auch ganz konkrete politische Positionen, die für Ärger sorgten. Wir fanden uns plötzlich in der Position wieder, die Teilnahme von Transgender-Frauen am Frauensport zu verteidigen. Das ist, wie Politiker sagen, eine „80-20-Frage“ – 80 % dagegen, nur 20 % dafür. Über so eine Position muss man sehr, sehr gründlich nachdenken, bevor man sie übernimmt. Und dann standen wir auch noch hinter dem, was Demokraten geschlechtsangleichende Operationen bei Minderjährigen nennen. Das jagt vielen Amerikanern einen echten Schauer über den Rücken. Wir können eine lange fachliche Debatte führen, ob das richtig oder falsch ist – aber die meisten Menschen akzeptieren, dass Erwachsene für sich selbst Entscheidungen treffen. Doch schwer rückgängig zu machende Eingriffe bei Elf- oder Zwölfjährigen sind für die allermeisten einfach zu viel. Es waren also nicht nur die kulturellen Themen allgemein, sondern auch ganz konkrete politische Vorschläge, mit denen die Partei in Verbindung gebracht wurde – und die auf sehr wenig Zustimmung stießen.
Mounk: Ein offensichtlicher Unterschied zwischen 1989, 1990, schließlich 1992 – und heute – ist, dass damals George H. W. Bush an der Macht war. Und die Demokraten hatten gute Gründe, mit seiner Politik nicht einverstanden zu sein. Die Demokraten neigen ohnehin dazu, jeden republikanischen Präsidenten als irgendwie gefährlich oder verantwortungslos darzustellen. Aber George H. W. Bush war wahrscheinlich so nah dran an einem moderaten Establishment-Republikaner, wie man es in der modernen Politik nur kriegen kann. Donald J. Trump ist ein völlig anderes Kaliber. Er glaubt offenbar, dass man, um die Ideen der Demokraten zu widerlegen, automatisch das republikanische Gegenmodell annehmen muss – auch wenn viele dieser republikanischen Positionen selbst 80-20-Fragen sind, bei denen sie auf der Verliererseite stehen. Und er greift demokratische Institutionen auf eine Weise an, wie man es über George H. W. Bush niemals hätte sagen können. Und er richtet zum Beispiel mit seinem „Liberation Day“ wirtschaftlich ein Chaos an – etwas, das ein klassischer Republikaner so nie tun würde. Was bedeutet das für eure Analyse? Gibt das nicht jenen Recht, die sagen: Wir leben in einer anderen Zeit. Wir haben es nicht mit einer starken republikanischen Partei zu tun, sondern mit einem ideologischen Projekt, das abdriftet, das sich selbst unpopulär machen wird. Alles, was wir brauchen, ist Bernie Sanders und AOC auf „Oligarchie-Tour“, die Trump maximal hart angreifen. Lasst uns das machen – statt uns in internen ideologischen Debatten zu verheddern, die unsere Koalition nur spalten und Leute frustrieren.
Kamarck: Eines der Dinge, die wir schon in unserem neuen Artikel sagen – und auch schon vor über 30 Jahren gesagt haben – ist: Eine Möglichkeit, mit der Differenz zwischen den beiden Parteien umzugehen, ist einfach zu warten, bis die andere Seite es vermasselt. Und das ist gerade keine schlechte Strategie. Trump scheint es wirklich zu vermasseln. Er steuert uns womöglich in eine Rezession. Seine Zollpolitik ist völlig chaotisch, und ich glaube, viele Leute sind sehr nervös deswegen. Also gut, das ist eine Strategie – und sie hat ja auch schon funktioniert. Bush hat uns die große Rezession beschert – das war entscheidend. Trump hat es nicht geschafft, Vertrauen im Umgang mit der Pandemie zu erzeugen – also haben wir einen Demokraten gewählt. Wir können also durchaus sagen: Wir ändern jetzt nichts und warten, bis die andere Partei es gegen die Wand fährt.
Das Problem dabei ist nur: Es bringt keinen dauerhaften Fortschritt. Es bleibt immer dieses Hin und Her, Hin und Her, Hin und Her. Denn ganz grundsätzlich: Wenn wir an der Macht sind, mögen sie uns nicht. Sie mögen die Demokraten nicht. Sie mochten nicht, was Biden gemacht hat. Sie mochten nicht, was in Sachen Kulturpolitik aus seiner Regierung kam. Sie fanden, dass er die Inflation nicht ernst genug nahm. Und mein Gott – das Thema Einwanderung! Wenn er 2022 das getan hätte, was er 2024 getan hat – also die Regeln an der Grenze grundlegend zu ändern – dann hätten wir eine ganz andere Wahl erlebt. Wir sind jetzt an einem Punkt, wo man sagen kann: Ja, wir könnten gewinnen. Wir könnten 2026 das Repräsentantenhaus zurückholen. Wir könnten sogar 2028 die Präsidentschaft gewinnen – wenn die Republikaner so weitermachen, wir in einer Rezession stecken usw. Aber das löst unser eigentliches Problem nicht. Es bringt uns nur mehr von diesem ständigen Hin und Her – und wir schleppen weiterhin ganz tief sitzende Probleme mit uns herum.
Mounk: Ich finde, das trifft es genau – gerade aus Sicht der Demokratie. Es reicht nicht, dass die Demokraten hin und wieder eine Wahl gewinnen, um ein paar Gesetze zu verabschieden. Sie müssen wirklich eine große, dauerhafte Mehrheit aufbauen. Eine, die die Republikaner zwingt, wieder an den Verhandlungstisch zu kommen. Eine, die sie zwingt, sich zu mäßigen – sodass sie wieder für mehr Amerikaner wählbar werden. Dann müssten sie ihren Extremismus aufgeben. Trump für seinen Extremismus anzugreifen, mag reichen, wenn die Leute einem ohnehin schon misstrauen – einfach weil er noch extremer ist und gerade an der Macht ist. Aber das reicht nicht, um diese dauerhafte Mehrheit aufzubauen. Wer wirklich versteht, was auf dem Spiel steht in diesem politischen Moment, muss zwei Dinge wollen: Erstens diese dauerhafte Mehrheit schaffen – und zweitens die Chancen für 2028 maximieren. Klar: Irgendjemand kann 2028 gewinnen, wenn alles völlig entgleist. Aber sich darauf zu verlassen, ist aus meiner Sicht ein Fehler.
Galston: Ja. Du denkst vielleicht, Yascha, dass wir diesen Artikel nur zweimal geschrieben haben. Tatsächlich waren es viermal. 1989. Dann nach der Wahl 2008, als wir – sehr unpopulär – geschrieben haben, dass Barack Obama nicht die Wiedergeburt von FDR sei, egal wie viele Kommentatoren das behauptet haben. Aber das dritte Mal haben wir es im Februar 2022 geschrieben. Und da haben wir nicht nur gesagt, dass Bidens Einwanderungspolitik ein Desaster für seine Präsidentschaft und die Partei sei. Wir haben auch das hier geschrieben: Was sich da am Horizont abzeichnet, ist nicht die Rückkehr von George H. W. Bush. Es ist die Rückkehr von Donald Trump. Und die zweite Runde wird schlimmer als die erste. Deshalb ist es die zentrale politische Pflicht der Biden-Regierung, sich so zu verhalten, dass Trump nie wieder einen Fuß ins Oval Office setzt. Das haben wir damals geschrieben. Das haben wir so gemeint. Und es war die Wahrheit, verdammt. Das war ihre wichtigste Aufgabe. Nicht, irgendwelchen Debatten nachzugehen, die für Leute sinnvoll klingen, die ihr ganzes Leben in progressiven Thinktanks verbracht haben – von denen es in der Biden-Regierung ja nicht gerade wenige gab.
Aber hier kommt der entscheidende Punkt. Die Washington-Post/Ipsos/Reuters-Umfrage von vor ein paar Wochen war wirklich schlechte Nachrichten für Donald Trump. Aber genauso schlechte Nachrichten für die Demokratische Partei. Auf die Frage „Wem trauen Sie mehr zu, die Probleme des Landes zu lösen – Donald Trump oder den Demokraten?“ antworteten trotz allem, was in den ersten 105 Tagen der Trump-Regierung passiert war: Trump 37 Prozent, Demokraten 30 Prozent. Wir können uns vormachen, dass es eine Art politisches Naturgesetz gibt, bei dem, wenn Trump fällt, die Demokraten automatisch steigen. Aber das stimmt nicht. Tatsächlich verliert Trump gerade die Glaubwürdigkeit, die die Demokraten längst eingebüßt haben. Und ich will mir nicht vorstellen, wie 2028 aussieht, wenn beide Parteien von den Amerikanern als unglaubwürdig angesehen werden. Das wäre eine Einladung zum politischen Chaos. Und genau deshalb ist die wichtigste Aufgabe der Demokratischen Partei in den nächsten drei Jahren, eine Debatte zu organisieren, die in ein klares, neues Angebot an die politische Mitte mündet.
Das ist unser Job. Und genau so sollten wir über die Erneuerung der Partei in den kommenden drei Jahren denken. Das heißt nicht, dass man jetzt irgendwen zum Kandidaten kürt. Es bedeutet, dass man die Voraussetzungen schafft für die offenste und intensivste Debatte, die die Demokraten seit einer Generation geführt haben – darüber, was die Partei braucht und, noch wichtiger, was das Land gerade jetzt braucht.
Mounk: Lasst uns also ein bisschen tiefer einsteigen: Wie könnte so eine Parteierneuerung konkret aussehen? Ich möchte das in zwei Schritten machen. Zuerst: Worum sollte es inhaltlich gehen? Und dann vielleicht später: Wie könnte der Prozess dafür aussehen?
Was wäre eine wirtschaftspolitische Botschaft, die den langfristigen Idealen der Demokraten treu bleibt? Eine Botschaft, die Amerika gerechter machen will, mehr Chancen bieten will für diejenigen, die heute ausgeschlossen sind. Eine, die Menschen, die arm sind oder kämpfen müssen, ein würdigeres, menschlicheres Leben ermöglicht – denen, die sich um ihre Gesundheitsversorgung oder um ihre Monatsrechnung sorgen. Und wie sieht eine kulturelle Botschaft aus, die in der Tradition der Bürgerrechte steht? Eine Botschaft, die für Inklusion und Diversität steht, für Respekt und Fairness gegenüber jedem – unabhängig davon, wer er ist – und die trotzdem nicht auf der falschen Seite von 80-20-Themen landet?
Kamarck: Ich habe keine fertige Antwort darauf. Aber ich weiß, wie man darüber nachdenken muss. Im kulturellen Bereich müssen wir zurück zu Bill Clinton – er war ein Genie auf diesem Gebiet. Als er als „New Democrat“ antrat, hatte er Formulierungen, mit denen er den Wählern sagte: Ja, ich bin ein Demokrat, ich teile die Werte der Partei – aber ich verstehe eure Kritik, und ich werde handeln. Der Satz, der in der Kampagne von 1992 am besten ankam, lautete: „End welfare as we know it” (Beenden wir die Sozialhilfe, wie wir sie kennen). Das war an die Menschen gerichtet, die dem Sozialstaat extrem misstrauten und dachten, er vergeude ihre Steuergelder an faule Leute, die nicht arbeiten wollten. Und was sagte Clinton damit? Wir verstehen euch. Wir nehmen eure Sorgen ernst. Aber: Wir lassen trotzdem niemanden auf der Straße verhungern. Wir behalten ein Sozialsystem – aber eines, das fair ist. Und diese Reform hat übrigens mehr als 30 Jahre überdauert. Da hat er den richtigen Ton getroffen.
Genau das müssen wir heute wieder finden – bei Transgender-Themen, bei dem, was sonst noch kulturell aufkommt. Wir brauchen diese Art dritter Weg, die Clinton so gut beherrschte. Ich glaube, das ist möglich – auch wenn ich die Lösung gerade nicht habe. Aber das ist die Richtung. Denk dran: „End welfare as we know it“ hatte denselben Wumms 1992 wie „Kamala is for they/them, I’m for you“ (Kamala steht für they/them – ich stehe für dich) in der Kampagne 2024. Gleiche Wirkung. Sie haben es getestet, es hat Wähler bewegt. Immer wenn sie in Schwierigkeiten waren, lief wieder genau dieser Spot. Sowas brauchen wir. Ich wünschte, Frank Luntz würde für uns arbeiten und nicht für die Republikaner – er ist ein republikanischer Meinungsforscher, aber er ist verdammt gut darin, Worte zu finden, die wirken. Wir brauchen sowas – in diesem Stil.
Galston: Ich würde hinzufügen, dass wir eine neue Sichtweise auf die Ökonomie des sozialen Aufstiegs brauchen. Und zwar sehr konkret: Was fehlt den Leuten heute wirklich? Worauf haben sie keinen Zugriff? Ein Beispiel: Der klassische Weg zum Aufstieg in den USA ist Eigentum, vor allem Wohneigentum. Aber wir haben heute eine ganze Generation von 35-Jährigen, die ihr Leben lang zur Miete gewohnt haben, jetzt zwei Kinder haben – und plötzlich merken: Sie brauchen bessere Schulen, einen Park in der Nähe, eine Umgebung, die für Kinder geeignet ist. Sie wollen endlich ins eigene Haus. Aber sie können es nicht kaufen. Es geht einfach nicht. Es gibt viele Häuser – aber die sind für Leute wie Elaine und mich.
Wenn du heute ein junges Paar bist, mit einem mittleren Haushaltseinkommen von etwa 85.000 Dollar im Jahr – dann kannst du dir kein Haus leisten. Denn das Verhältnis von Hauspreis zu Einkommen ist in den letzten 30 Jahren von etwa 2 auf über 7 gestiegen. Das ist nicht nur eine Zahl – das ist ein echter Blocker für sozialen Aufstieg. Und wir haben einen Mangel von Millionen von Häusern, die eigentlich für Menschen gedacht wären, die den ersten Schritt machen wollen – raus aus der Mietwohnung, rein in ein besseres Leben. Was tun wir dagegen? Ich hoffe, dass es in den nächsten zwei Jahren eine Arbeitsgruppe unter Demokraten gibt, die den alten Plan über Bord werfen und sich fragen: Wir haben die beste Technologie der Welt, wir sind kein überfülltes kleines Land – wir haben riesige Flächen. Was zur Hölle können wir tun, um in kürzester Zeit drei oder vier Millionen neue, bezahlbare Häuser zu bauen?
Ich würde vorschlagen, wir denken einmal durch: Was sind die Bausteine eines aufstiegsorientierten Lebens junger Paare? Und dann fragen wir uns: Was können wir tun – marktkonform, staatlich realistisch –, um ihr Leben einfacher zu machen? Man muss ja nicht alle Probleme lösen. Zwei oder drei gute Ideen reichen, um die Vorstellungskraft der Leute zu wecken. Die reagieren nicht auf theoretische Makroökonomie oder auf irgendeinen neuen Dritten Weg. Aber wenn solche Konzepte durch konkrete Lösungen zum Leben erweckt werden – dann, ja dann haben wir wirklich etwas zu sagen. Und nach meinem Eindruck hatten wir 2024 nichts in der Art. Die Leute spürten: Wenn ich Kamala Harris wähle, bekomme ich den Status quo. Und sie entschieden sich lieber für ein Risiko als für die Garantie, dass sich nichts ändert.
Mounk: Ich bin bei dem Thema etwas hin- und hergerissen. Inhaltlich bin ich vollkommen bei euch. Die Idee einer Abundance Agenda – einer Politik der Fülle – ist absolut sinnvoll. Es ist absurd, wie hoch die Immobilienpreise sind, nicht nur in Manhattan, wo man es erwarten würde, sondern auch in Gegenden, in denen man problemlos neuen Wohnraum schaffen könnte. Mich schockieren vor allem wohlhabende Kleinstädte in Neuengland oder im pazifischen Nordwesten, die von Feldern und Wäldern umgeben sind – dort könnte man so einfach bauen. Aber wegen alter Bebauungsvorschriften geht das nicht. Das wirkt sich massiv auf die Lebensqualität der Menschen aus. Wer dort nichts erbt, kann sich das Leben in seiner Heimatstadt nicht mehr leisten. Wenn du mit jemandem sprichst, der in einem Café oder Restaurant dort arbeitet – die pendeln oft über eine Stunde, weil sie sich vor Ort keine Wohnung leisten können. Und das wirkt sich auch auf die Dynamik der amerikanischen Wirtschaft insgesamt aus, weil Menschen aus ärmeren Regionen gar nicht dorthin ziehen können.
Inhaltlich also: volle Zustimmung. Aber als Strategie für den Wahlkampf? Da bin ich skeptischer. Denn die meisten Amerikaner besitzen ihr Eigenheim – und für viele ist das ihr wichtigstes Vermögen. Klar, sie wollen vielleicht in ein schöneres Haus ziehen, und sie machen sich Sorgen, ob ihre Kinder je eins bekommen. Aber sie haben auch Angst, dass ihr eigenes Haus an Wert verliert. Und sie sorgen sich um den Charakter ihres Viertels – aus Gründen, die mir manchmal schleierhaft erscheinen, aber diese Sorgen sind sehr real.
Im Wahlkampf hat man dann die YIMBYs („Yes In My Backyard“) – mit denen ich mich persönlich identifiziere – und die NIMBYs („Not In My Backyard“) – die sagen: Ich will nicht, dass hier ein Investor ein dreistöckiges Haus baut, das andere, vielleicht weniger wohlhabende Familien hierherzieht. Und dann gibt’s mehr Verkehr. Ideologisch weiß ich, auf welcher Seite ich stehe. Langfristig, um zu zeigen, dass die Demokraten regierungsfähig sind: klar, bauen! Aber ob das kurzfristig, also für die nächste Wahl, wirklich eine gewinnende Botschaft ist – da bin ich nicht sicher. Was denkt ihr?
Galston: Ich bin nicht dafür, dass der Bund die Bebauungsvorschriften von Bundesstaaten und Kommunen überstimmt. Das wäre der falsche Weg. Stell dir vor, du willst losrennen, aber vor dir ist eine Mauer. Du kannst entweder mit dem Kopf dagegenlaufen – oder du suchst dir einen Weg um die Mauer herum, ja? Ich bin also genauso wenig wie du dafür, dass die Demokraten in die Vorstädte ziehen und den Leuten ihr Immobilienvermögen gefährden. Aber das ist ja auch nicht nötig. Wie du selbst gesagt hast: Rund um die großen Städte gibt es jede Menge ungenutztes Land. Und wir müssen als Partei und als Land einfach kreativer denken, wie wir jungen Familien wieder die Chancen geben, die es nach dem Zweiten Weltkrieg mal gab. Ist das eine unlösbare Aufgabe? Ich glaube nicht. Aber es ist das Problem, über das wir jetzt ernsthaft nachdenken müssen.
Kamarck: Ich halte das für ein riesiges Problem. Aber ich glaube, es gibt ein noch größeres. Und das ist das Problem, über das Bill und ein Kollege namens Mark Muro von Brookings schon 2018 in einem Artikel geschrieben haben. Es geht um die vergessenen Orte. Es gibt Gegenden in diesem Land, in denen der Motor wirtschaftlicher Dynamik einfach nicht mehr existiert. Der ist verschwunden. Überall im Land gibt es vergessene Städte. Orte, wo es keine Jobs mehr gibt. Und die Kinder, die es trotz mittelmäßiger Highschools schaffen, gute Leistungen zu bringen – die ziehen weg. Sie gehen. Sie lassen ihre Eltern zurück und ziehen weg. Hier in Arlington, Virginia, gibt es Wohnungen und Häuser an jeder Ecke. Die Preise sind astronomisch, und überall sind junge Leute. Junge Leute, die hierhergekommen sind. Warum? Weil ich aus meinem Fenster schauen kann und Boeing sehe – und viele andere große Firmen, ganz zu schweigen von Amazon, das ist direkt hier.
Die Konzentration wirtschaftlicher Aktivität und gut bezahlter Jobs hat ein Problem geschaffen, das wir in dieser Form früher nicht hatten. Wenn man alte Romane aus dem 19. Jahrhundert liest, dann lebte der Fabrikbesitzer in der Stadt, in der auch seine Fabrik war. Er wohnte auf dem Hügel. In einem großen Haus. Und es gab jede Menge Geschichten über die Klassengegensätze innerhalb dieser Städte. Heute lebt der Fabrikbesitzer in Manhattan. Oder in L.A. Oder sonst wo. Aber nicht mehr in diesen Städten. Und deshalb möchte ich als jemand, der einer Partei angehört, die sich um Menschen in schwierigen wirtschaftlichen Lagen kümmert, ganz ehrlich sagen: Ich glaube nicht, dass es dafür einfache Lösungen gibt. Wirklich nicht.
Vielleicht kann man mit Steuern ein bisschen was machen, um Unternehmen anzulocken. Aber seien wir ehrlich: Unternehmen siedeln sich nicht dort an, wo die Arbeitskräftebasis zusammengebrochen ist. Das machen sie einfach nicht. Das ist ein Problem, über das die Demokraten wirklich nachdenken müssen. Denn wir werden Staaten wie Ohio nicht zurückgewinnen. Und Ohio ist vielleicht das Paradebeispiel für dieses Problem. Wir gewinnen solche Staaten nicht zurück, solange wir kein wirtschaftspolitisches Angebot haben, das glaubhaft sagt: Wir können euch ein Wachstum bringen, wie ihr es seit den 70er- oder 80er-Jahren nicht mehr erlebt habt.
Galston: Ich finde, das ist eine interessante Frage: Welcher Bundesstaat steht symbolisch am stärksten für die Probleme der Partei? Ist es Ohio oder ist es Florida? Das sind zwei Bundesstaaten, die in den letzten 15 Jahren für die Demokraten verloren gegangen sind. Obama hat beide mindestens einmal gewonnen. Aber heute sind sie weit unten auf der Liste der erreichbaren Staaten. Warum hat sich Florida so verabschiedet, sozusagen? Die Antwort – zumindest auf den ersten Blick – ist: Wir haben den Kontakt zu hispanischen Wählern verloren. In Florida, aber auch im ganzen Land. Elaine hat vor etwa 15 Jahren etwas gesagt – basierend auf ihrem ethnischen Hintergrund –, das sich heute als ziemlich prophetisch erweist: Hispanics werden die Italiener des 21. Jahrhunderts. Und genau das passiert. Sie sind kulturell moderat. Sie sind unternehmerisch. Sie gründen doppelt so häufig Kleinunternehmen wie andere Gruppen.
Wenn die Demokraten überhaupt als wirtschaftsnah gelten, dann gelten sie als Partei, die den Großkonzernen nahe steht – aber nicht dem kleinen Mittelstand. Dabei ist für viele Menschen – gerade für Minderheiten, für Neuankömmlinge mit Einwanderungshintergrund – das Kleinunternehmen der Weg zum sozialen Aufstieg. Viele bringen eine starke Familientradition mit und können Unternehmen aufbauen, die auf gemeinsamer Familienarbeit beruhen – ein enormer Vorteil. Die Frage an die Demokratische Partei lautet also: Was tun wir? Was können wir tun, damit diese aufstrebenden Unternehmer bessere Chancen bekommen, damit sie sich weiterentwickeln und ihren Wohlstand ausbauen können?
Wir werden die Gelegenheit haben, diese Botschaft zu testen. Denn wie wir inzwischen täglich in der Zeitung lesen, sind die neuen Zölle vielleicht ein Problem für große Firmen – für kleine Unternehmen aber sind sie eine Katastrophe. Viele machen bereits dicht. Ich denke, hier liegt eine große politische und intellektuelle Chance für die Demokratische Partei in den nächsten zwei Jahren – im Vorfeld der Präsidentschaftsvorwahlen. Sie muss sich neue Fragen stellen. Fragen, die sie schon vor 10 oder 20 Jahren hätte stellen sollen. Aber jetzt muss sie das tun, wenn sie ihre Relevanz als nationale Partei zurückgewinnen will.
Mounk: Diese Frage zeigt doch ziemlich deutlich, wie eng kulturelle und wirtschaftliche Dimensionen miteinander verwoben sind, oder? Einer der Gründe, warum italienischstämmige Amerikaner früher zu den zuverlässigsten Wählergruppen der Demokraten zählten und heute eher republikanisch wählen – und warum das jetzt auch bei vielen Latinos passiert – ist, dass sie das Gefühl haben, viele der liberalen Eliten – ob aus Boston, dem Silicon Valley oder Hollywood – verstehen ihre kulturellen Anliegen nicht. Sie ticken einfach anders als diese Leute, und sie fühlen sich nicht ernst genommen. Aber ich glaube, ein weiterer wichtiger Grund ist zutiefst wirtschaftlich.
Ich habe nach Trumps Wahlsieg argumentiert, dass man diesen Erfolg auch als eine Form von aufstrebenden Populismus verstehen kann. Was die Menschen von den Demokraten oft hören, ist: Wir wollen den Mindestlohn erhöhen. Das mag eine gute Idee sein, darüber kann man streiten. Aber was sie von den Republikanern hören, ist: Ich helfe dir, reich zu werden. Ich helfe dir, ein eigenes Unternehmen zu gründen. Ich helfe dir, den amerikanischen Traum zu leben. Viele Latino-Wähler fühlen sich von dieser Botschaft angesprochen. Natürlich glaube ich nicht, dass Donald Trump auch nur ansatzweise liefert, was er da verspricht. Und genau deshalb sind diese Gruppen wieder offen für andere Angebote. Die Demokraten müssen diese Chance ergreifen.
Und damit sind wir bei der zweiten Frage, wenn es um die Erneuerung einer Partei geht: Die eine Frage ist, was ist das neue Programm – die andere, wie kommt man dahin?
Nach George H. W. Bushs Wahlsieg 1988, also der dritten republikanischen Amtszeit in Folge, war plötzlich viel los in den zentristischen Thinktanks – Leute wie ihr beiden habt damals Grundsatzpapiere geschrieben. Die Energie wanderte in diese Richtung innerhalb der Partei. Und dann kam dieser damals wenig bekannte Gouverneur aus Little Rock, Arkansas – Bill Clinton – und gewann die Nominierung genau mit der Botschaft: Ich beende das Ausweichen, die Realitätsverweigerung. Ich verändere das Profil der Demokratischen Partei. Heute ist schwer zu erkennen, wie so etwas in den nächsten Jahren passieren könnte. Es wird nicht passieren, solange die Demokraten in der Opposition sind – denn es gibt keinen einheitlichen Anführer, der so etwas steuern könnte. Der Ort, an dem das passieren müsste, wären die Vorwahlen 2028.
Das intellektuelle Zentrum der Partei liegt seit Langem auf der progressiven Linken – dort sitzt das Geld, dort sind die Strukturen. Die zentristischen Organisationen heute sind unterbesetzt, unterfinanziert – auch wenn viele davon gute Arbeit machen. Und wenn man sich fragt, wer überhaupt als Kandidat infrage kommt, sehe ich aktuell niemanden, der offensichtlich herausragt. Gavin Newsom hat gelegentlich mal andeutungsweise versucht, sich von der Parteilinie abzusetzen – aber das kommt nach einer langen Karriere, in der er praktisch jede Parteilinie brav wiederholt hat. Und wenn man selbst moderate Strategen fragt – ob Nate Silver oder Sarah Longwell bei uns im Podcast neulich – dann sagen sie: AOC hat ziemlich gute Chancen, 2028 die Nominierung zu holen. Wie also soll diese parteiinterne Erneuerung konkret aussehen? Und was können Leute tun, die eure Argumente überzeugend finden, um sie voranzutreiben?
Kamarck: Ich möchte mal mit einer kleinen Verteidigung der Demokratischen Partei anfangen. Was Donald Trump geschafft hat – und das hat selbst mich überrascht – ist, dass er mit seinen Angriffen auf den Staat immer wieder den Kongress umgangen hat. Er hat ganz bewusst Gesetze gebrochen – alles, was er mit dem Justizministerium gemacht hat, basiert im Grunde auf Rechtsbruch. Und weil er die Gesetze gebrochen hat, ist der Konflikt direkt vor die Gerichte gewandert. Das Parlament hatte gar nichts mehr zu sagen. Die Demokraten im Kongress haben Briefe geschrieben, haben protestiert, gesagt: Das ist illegal, wie kannst du das machen, hör sofort auf. Aber die Republikaner haben nicht mal Anhörungen zugelassen. Sie haben alles abgewürgt. Was die Trump-Regierung also getan hat, ist, die Debatte aus dem Repräsentantenhaus und dem Senat hinaus zu den Gerichten zu verlagern.
Wenn du früher gesagt hättest: „Ich will USAID abschaffen“, dann hätte ich vor fünf Jahren geantwortet: Okay, das ist seit Langem ein Zankapfel – also schreib ein Gesetz, bring es in den Kongress und lass darüber abstimmen. Dann gäbe es eine öffentliche Debatte. Aber nein – sie haben es einfach abgeschaltet. Jetzt wird im Nachhinein darüber gestritten. Erstens: Sie haben den Kongress ausgeschaltet. Und das heißt: Es gibt keine Führung, auf die man bei den Demokraten im Kongress schauen könnte – weil sie nicht mal mitspielen dürfen. Das haben wir so noch nie erlebt. Und es ist, offen gesagt, ziemlich gesetzlos.
Zweitens denke ich, dass es in den Midterms ein paar interessante Hinweise geben wird. Die Demokraten sind nicht völlig erledigt. Sie sind nicht raus. Es wird darüber gesprochen, Kandidaten in Wahlkreisen aufzustellen, wo man das normalerweise nicht tun würde – also in Gegenden, wo der Unterschied zwischen Demokraten und Republikanern eigentlich zu groß ist. Aber es gibt das Gefühl: Wenn das wirklich in eine Rezession führt, dann könnte das eine große Wahl für die Demokraten werden. Was man dann sehen wird, ist: Wie treten diese Leute an? Was machen sie an der Basis? Und da gab es schon ein paar interessante Kandidaten – ob Newsom, Gretchen Whitmer oder andere –, die sich tastend an diese neue Debatte herantasten.
Und schließlich denke ich, dass die Mitte sich wieder zeigen wird, je näher wir der Präsidentschaftswahl kommen. Denn dort schadet uns der linke Aktivismus am meisten. Bei den Kongress- oder Senatswahlen ist das weniger ein Problem. Aber in der Präsidentschaftswahl – da schadet uns das Gerede über Wokeness, offene Grenzen, Transgender-Themen usw. enorm. Ich habe bei Brookings mittlerweile fünf Studien zu Kongresskandidaten nach Parteien gemacht – und ich kann dir empirisch zeigen: Die Demokraten im Kongress reden nicht über offene Grenzen. Sie reden nicht über Transgender-Rechte. Das sind nicht ihre Themen. Aber sobald der Präsidentschaftswahlkampf losgeht, kommt all das wieder hoch – und schadet unseren Kandidaten. Deshalb denke ich: Je näher wir der Wahl kommen, desto mehr Energie wird aus der Mitte kommen.
Und zum Schluss: Vorwahlen sind ein Mechanismus, um diese Dinge zu klären. AOC ist zweifellos sehr talentiert und ich glaube, sie hat eine große politische Zukunft. Aber man muss auch sagen: Der liberalste Kandidat hat noch nie eine demokratische Präsidentschaftsvorwahl gewonnen – außer vielleicht 1972. Die am weitesten links stehenden Kandidaten gewinnen diese Vorwahlen nicht. Denn die Wähler wissen, dass sie jemanden wollen, der gewinnen kann.
Galston: Erstens, auch wenn ich dir zustimme, was die Verteilung der Stiftungsgelder in den letzten Jahren betrifft – sie sind deutlich stärker an linke Thinktanks geflossen als an zentristische oder mitte-links-orientierte –, haben die Demokraten dennoch wichtige intellektuelle Ressourcen. Es gibt zwei zentristisch ausgerichtete Thinktanks, die hervorragende Arbeit leisten und nicht die Anerkennung bekommen, die sie verdienen. Ich spreche natürlich vom Progressive Policy Institute, das seit der ersten Phase der Parteierneuerung in den späten 1980ern aktiv ist. Und dann denke ich an Third Way – etwas stärker politisch orientiert, aber auch mit einer ganzen Reihe sehr guter Arbeiten, nicht nur im Bereich Umfragen, sondern auch in der konkreten Politikentwicklung. Ich bin ziemlich sicher, dass diese Aktivitäten in den kommenden Jahren zunehmen werden. Demokraten, die sich mit solchen Ideen bei den Vorwahlen positionieren wollen, werden auf diese intellektuellen Ressourcen zurückgreifen können.
Zweitens – und das knüpft an das an, was Elaine über die Bedeutung des Vorwahlprozesses gesagt hat – bin ich zuversichtlich, dass sich Kandidaten aus dem gesamten demokratischen Spektrum zeigen werden. Das beginnt ja jetzt schon. Zwei Personen, die aktuell durchs Land reisen und die progressive Linke vertreten, sind AOC und Ro Khanna. Einer oder beide werden sicher auftreten und eine sehr klare Vision für die Zukunft der Partei formulieren. Dann gibt es das, was ich mal das „wütende Mitte-links-Lager“ nennen will – vertreten etwa durch Gouverneur J. B. Pritzker aus Illinois und Senator Chris Murphy aus Connecticut. Dann haben wir die talentierten Mitte-links-Gouverneure wie Gretchen Whitmer, Josh Shapiro, Wes Moore – und inzwischen würde ich auch Gavin Newsom dazuzählen, auch wenn er ideologisch schwerer einzuordnen ist, außer dass er sich gerade so schnell neu positioniert, wie er kann.
Und schließlich ist es nicht schwer, eine Reihe von klar zentristisch orientierten Demokraten zu benennen, die ernsthaft über eine Präsidentschaftskandidatur nachdenken. Zum Beispiel Gina Raimondo, frühere Gouverneurin von Rhode Island und sehr effektive Handelsministerin in der Biden-Regierung. Andy Beshear, Gouverneur von Kentucky, der auf die direkte Frage nach einer Präsidentschaftskandidatur geantwortet hat: „Ich denke darüber nach.“ Das war interessant. Jared Polis, Gouverneur von Colorado, der in seinem Bundesstaat viel spannende, technologieorientierte Verwaltungsmodernisierung betrieben hat. Und nicht zuletzt: Rahm Emanuel – mit einem sehr beeindruckenden Lebenslauf als Berater im Weißen Haus, führender Demokrat im Kongress, zweifacher Bürgermeister von Chicago, der es mit den Lehrergewerkschaften aufgenommen hat, als sonst kaum ein Demokrat im Land dazu bereit war. Und heute ist er ein sehr aktiver und wirkungsvoller Botschafter in Japan – und nutzt die Zeit dort, um seine Perspektive auf internationale Politik zu erweitern, worüber er zuletzt auch viel geschrieben hat.
Ich glaube tatsächlich, dass die lebhafte Debatte, die die Demokraten im Präsidentschaftswahlkampf dringend brauchen, auch stattfinden wird. Die einzige Frage ist: Wird eine der Fraktionen zu viele Kandidaten haben, sich nicht sortieren können – und dadurch gegen eine konzentrierte Gegenfraktion verlieren? Genau so hat Donald Trump 2016 gewonnen.
Mounk: Ich habe noch eine letzte Frage an dich. Wir haben angefangen mit eurer Arbeit von 1989 und wie vorausschauend es war. Aber manche Kritiker würden vielleicht das Gegenteil sagen. Sie könnten argumentieren: Ihr hattet eine Analyse – und wenn man nur einen Hammer hat, sieht eben alles wie ein Nagel aus. Ihr seht heute das gleiche Problem wie damals. Wie kann es sein, dass sich in 36 Jahren nichts geändert hat? Dazwischen gab es Bill Clinton, es gab Barack Obama – und trotzdem stehen wir wieder am Anfang. Vielleicht war eure Analyse also einfach falsch?
Ich nehme an, ihr würdet antworten: Es gab durchaus eine Phase, in der die Demokratische Partei eure Probleme erkannt, darauf reagiert und den Kurs geändert hat – aber diese Phase ist vorbei. Wenn wir heute noch die Politik von Bill Clinton oder die Rhetorik von Barack Obama hätten, wäre die Partei in besserer Verfassung. Erklär doch bitte kurz, warum du das so siehst.
Galston: Erstens gehe ich davon aus, dass das sehr belesene Publikum von Persuasion den Mythos von Sisyphos kennt. Es ist nicht ungewöhnlich, denselben Stein immer wieder denselben Hügel hinaufzuwälzen. Aber ich würde auch sagen: In den letzten Jahren ist ein Mechanismus am Werk gewesen, den wir schon früher in der Demokratischen Partei beobachtet haben – nämlich, dass Interessengruppen mit engen, spezialisierten Agenden wieder Einfluss gewonnen haben. Und zwar strukturell und intellektuell. Ich erinnere mich, dass es während der Obama-Regierung regelrecht offenen Streit gab zwischen dem Weißen Haus und verschiedenen Interessengruppen innerhalb der Partei. Das war keine harmonische Zeit. Obama hat sinngemäß gesagt: Ich definiere die Botschaft der Partei – und lasse mich nicht von Lobbygruppen davon abbringen.
In den letzten Jahren hat sich das Gleichgewicht aber wieder verschoben – zugunsten dieser Gruppen. Und die Plattform der Demokraten sieht heute wieder eher aus wie ein Flickenteppich verschiedener Forderungen als wie ein kohärentes Angebot mit klaren Schwerpunkten einer Partei, die weiß, wer das Sagen hat. Ich würde also sagen: Die Geschichte wiederholt sich nicht, aber sie reimt sich. Und wir sind heute wieder in einer Phase, die strukturell der damaligen sehr ähnelt. Der Inhalt ist nicht identisch – aber die Struktur ist vergleichbar mit der Zeit, in der Elaine und ich das erste von insgesamt vier Politics of Evasion-Artikel geschrieben haben.
Es gibt noch eine zweite Parallele, die entscheidend sein könnte. Ich glaube nicht, dass viele Leute 1980 geschockt waren, als Ronald Reagan Jimmy Carter besiegt hat. Carter war von vielen Krisen geplagt – manche selbstverschuldet, manche nicht. Ich war 1984 politischer Chefberater von Walter Mondale, und ich kann dir sagen: Lange vor der Wahl hatte ich, selbst als politischer Anfänger, nicht damit gerechnet, dass wir gewinnen würden. Wir hofften, dass er seinen Heimatstaat gewinnen würde – und mit 2.700 Stimmen tat er das auch. Das war’s dann aber. Als George H. W. Bush, den Elaine zu Beginn dieses Gesprächs zu Recht als wenig charismatisch beschrieben hat, dann aus einem 17-Prozent-Rückstand einen Sieg mit siebeneinhalb Punkten gegen Michael Dukakis machte – da war jedem klar: Das Problem war nicht der Zauberer im Weißen Haus. Das Problem war die Partei. Wir haben damals erkannt: Wir müssen uns ändern.
Meine These ist: Trumps zweiter Wahlsieg war für die Demokraten ein viel größerer Schock als sein erster. Und er hat eine Phase der Reflexion ausgelöst, wie wir sie vorher nicht gesehen haben. Das ist eine echte Chance – strukturell vergleichbar mit der vor 36 Jahren. Ich erspare euch jetzt die Einzelpunkte, die sich gleichen. Aber wie wir zu Beginn gesagt haben: Was kulturell vor 36 Jahren galt, gilt heute wieder. Ich würde sagen: Unsere Probleme in der Außenpolitik haben deutlich abgenommen – mit Ausnahme von Gaza ist die Partei in außenpolitischen Fragen geeint. Aber wirtschaftlich: Unsere Botschaft überzeugt das Land dazwischen nicht. Und deshalb würde ich uns gegen den Vorwurf verteidigen, wir seien bloß Hämmer, die überall Nägel sehen.
Mounk: Ich möchte nur kurz anmerken, dass ein deprimierender Aspekt an deiner Analogie ist, dass es womöglich noch eine weitere republikanische Amtszeit mit jemandem wie J. D. Vance – jemand ohne Charisma – braucht, damit sich die Demokratische Partei wirklich reformiert.
Kamarck: Ein weiterer großer Unterschied zwischen damals und heute ist: Damals gab es noch viele Demokraten, die in roten Staaten gewannen. Es gab eine ganze Gruppe – angefangen bei Bill Clinton über Bruce Babbitt bis hin zu Gouverneur O’Reilly aus South Carolina. Viele Demokraten lebten in republikanischen Staaten, sie sahen, was dort passierte, entwickelten Strategien, wie man dort Wahlen gewinnen konnte – und wie man über die relevanten Themen sprach. Es gab also gewissermaßen ein zentristisches Fundament in der Partei.
Was es heute schwieriger macht: Es gibt nur noch wenige, die dieses politische Leben wirklich erlebt haben, die es instinktiv verstehen. Selbst jemand wie Gouverneur Pritzker – der ist großartig und versucht, in der Mitte anzusetzen – aber er hat das nie selbst erlebt. Gavin Newsom hat eine sehr mutige Position zu Transgender-Frauen im Frauensport bezogen. Aber seine ganze politische Karriere fand in Kalifornien statt – genauer gesagt in San Francisco. Und ich als Berkeley-Absolventin kann sagen: Das ist nicht die Mitte des Landes. Was wir heute haben, ist eine Partei, die sich auf ihren Kern zurückgezogen hat. Und deshalb, denke ich, wird es diesmal schwerer als damals – auch wenn die historischen Lektionen weiter gültig sind.
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Dieses Transkript wurde mit Hilfe von KI übersetzt und von Niya Krasteva redigiert.